Beitrag von Peter Lotz, M.C.J. (NYU) Rechtsanwalt, Attorney-At-Law (N.Y.) MAYRFELD Rechtsanwälte & Attorneys-At-Law

In regulierten Branchen wie der Entwicklung und Herstellung von Therapeutika haben sich international gültige Standards wie Good Laboratory Practice (GLP) und Good Clinical Practice (GCP) als essenzielle Leitlinien für Qualitätssicherung und Prozessgestaltung etabliert. Diese Denkweise lässt sich sinnvoll auf den rechtlichen Bereich übertragen: In Analogie dazu steht Good Legal Practice (GLP) für einen professionellen Standard bei der rechtlichen Begleitung von Projekten und Transaktionen.

Die Umsetzung eines solchen Standards erfolgt idealerweise über interne Standard Operating Procedures (SOPs). Diese legen präzise Abläufe und Methoden für bestimmte Prozesse unter Einbeziehung spezifischer Tools fest. Eines dieser zentralen Tools im Rahmen einer professionellen Transaktionsvorbereitung im Sinne einer Good Legal Practice ist das Term Sheet.

Der Begriff „Term Sheet“ ist allgegenwärtig – oft reduziert auf ein Standardpapier oder gar mit einem gewissen Unmut betrachtet, ähnlich wie das vielfach skeptisch beäugte NDA. Warum erst Eckpunkte skizzieren, wenn man gleich zum Vertragsentwurf übergehen könnte? Schließlich existieren genügend Vertragsmuster. Doch genau in dieser Denkweise liegt ein grundlegendes Missverständnis.

Ein Term Sheet ist nicht lediglich eine Vorstufe zum Vertrag, sondern vielmehr ein strategisches Planungs- und Kommunikationsinstrument. Es bündelt die wesentlichen Elemente einer geplanten Transaktion und gibt Orientierung für alle Beteiligten – nicht nur juristisch, sondern auch wirtschaftlich und operativ.

Laut Wikipedia ist das Term Sheet ein Diskussions- und Arbeitspapier, das die Eckpunkte einer Transaktion fixiert und später als Grundlage für den Vertrag dient. Doch seine Relevanz geht weit darüber hinaus: Es ist ein Werkzeug zur Projektstrukturierung, zur Absicherung von Interessen und zur Früherkennung potenzieller Konfliktfelder.

Üblicherweise wird das Term Sheet vom Rechtsberater entworfen – basierend auf dem, was der Mandant über das Projekt berichtet. Doch wer strategisch plant, sollte diesen Schritt nicht delegieren. Die Initialerstellung eines Term Sheets inhouse, durch das operative Team selbst, bringt entscheidende Vorteile.

Im Prozess der eigenständigen Erstellung wird das Term Sheet zum Spiegel des geplanten Geschäftsmodells: Es zwingt zur Auseinandersetzung mit den Kernfragen des Projekts, macht Risiken sichtbar und hilft, Unschärfen zu erkennen. Je strukturierter und fundierter dieser erste Entwurf, desto zielführender wird die spätere juristische Ausarbeitung.

Ein präzise formuliertes Term Sheet schützt nicht nur vor unklaren Erwartungen, sondern beugt auch dem Irrtum vor, der Anwalt „mache den Deal“. Tatsächlich zeigt jede Abweichung des juristischen Entwurfs von der ursprünglichen Vorstellung, dass die Planungsgrundlage noch nicht ausgereift war. Ein Term Sheet leistet damit einen zentralen Beitrag zur Realitätsprüfung und zur operativen Machbarkeit des Business Case.

Das Term Sheet ist mehr als eine juristische Vorlage – es ist ein aktives Gestaltungsinstrument, mit dem sich die Tragfähigkeit eines Vorhabens frühzeitig testen und optimieren lässt. Dies zeigt sich exemplarisch an drei ausgewählten Aspekten:

Die Definition der gegenseitigen Leistungspflichten erscheint auf den ersten Blick banal – tatsächlich ist sie ein häufig unterschätzter Hebel zur Klärung des Geschäftsmodells.

Gerade in F&E-Projekten ist es essenziell, nicht nur das Ergebnis, sondern auch die Qualität und Methodik der Leistung zu definieren. Wer beispielsweise die Entwicklung einer Software beauftragt, sollte spezifizieren, welche Funktionalitäten, Standards oder Kompatibilitäten erwartet werden – nicht nur, dass eine Software geliefert wird.

Vorteile dieser Auseinandersetzung:

  • Genaue Definition der eigenen Leistung und Erwartungen

  • Klare Vorstellung der Gegenleistung des Vertragspartners

  • Sichtbarmachung von Leistungsdetails und -abfolgen

  • Einschätzung der technischen und wirtschaftlichen Machbarkeit

  • Frühe Identifikation regulatorischer Anforderungen

Gewährleistungen sind kein juristischer Selbstzweck – sie signalisieren, dass der Vertragspartner Verantwortung für seine Leistung übernimmt. Wer das Thema ernsthaft im Term Sheet behandelt, erkennt schnell: Es geht nicht nur um Haftung, sondern auch um Vertrauen, Produktsicherheit und IP-Fragen.

Der Dialog über Gewährleistungen bringt:

  • Klarheit über notwendige Produkteigenschaften

  • Bewusstsein für kritische Anforderungen an die Gegenleistung

  • Rückschlüsse auf die Detailtiefe des Projektkonzepts

  • Erkenntnisse über IP-Rechte und Nutzungsspielräume

  • Abschätzung des Verantwortungsbewusstseins des Vertragspartners

  • Frühzeitige rechtliche Absicherung zur Sicherstellung des ROI

Haftungsfragen werden häufig rein defensiv betrachtet – mit dem Ziel, eigene Risiken zu minimieren. Dabei bietet die Auseinandersetzung mit Haftung im Term Sheet eine wertvolle Perspektive: die strukturierte Bewertung operativer Risiken.

Eine fundierte Diskussion zur Haftungsverteilung offenbart, ob das Geschäftsmodell tragfähig ist – ökonomisch, regulatorisch und ethisch. Produkte, die zu gefährlich oder nicht marktfähig sind, gefährden den Return on Investment unabhängig vom Vertrag.

Wirtschaftliche Erkenntnisse aus der Haftungsanalyse:

  • Identifikation potenzieller Risiken durch die Leistung des Partners

  • Bewertung der Realisierbarkeit aus Business-Sicht

  • Stärkung des Risikomanagements und der operativen Umsetzung

  • Vermeidung späterer Haftungsfolgen durch vorbeugende Maßnahmen

  • Entscheidungsgrundlage, ob ein Vertragspartner geeignet ist

Bemerkenswert ist: Die oben skizzierten Themen wurden rein aus unternehmerischer Perspektive beleuchtet – ohne eine juristische Detailanalyse. Und doch wurde dadurch die wirtschaftliche Substanz des Business Case maßgeblich geschärft.

Das Term Sheet erfüllt hier eine Doppelfunktion:

  1. Es dient als Grundlage für rechtlich belastbare Vertragsverhandlungen.

  2. Es ist zugleich ein Planungstool, das interne Klarheit schafft und externe Risiken sichtbar macht.

Ein gut durchdachtes Term Sheet reduziert die Gefahr späterer „Deal Breaker“ drastisch. Allein durch die gemeinsame Erarbeitung entstehen im Team ein besseres Verständnis der Projektstruktur und eine realistischere Einschätzung des Vertragspartners. Wer bereits im Term Sheet erkennt, dass ein Partner zwar willig, aber nicht fähig ist – spart Zeit, Geld und Nerven.

Die Erstellung eines Term Sheets markiert den ersten operativen Schritt zur Umsetzung von Good Legal Practice (GLP). Es ist mehr als eine juristische Pflichtübung – es ist ein Tool zur Entwicklung und Absicherung des Business Case.

Ein fundiertes Term Sheet

  • schafft Klarheit über Projektziele, Risiken und Verantwortlichkeiten,

  • gibt Struktur und Orientierung für die Vertragsverhandlungen,

  • und legt den Grundstein für eine realistische, tragfähige Zusammenarbeit.

Wer das Term Sheet als integralen Bestandteil der Projektplanung begreift, erkennt: Es ist nicht das Ergebnis juristischer Feinmechanik, sondern die Essenz unternehmerischer Voraussicht.

 

 

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Über den Autor Peter Lotz, M.C.J. (NYU) Rechtsanwalt, Attorney-At-Law (N.Y.) MAYRFELD Rechtsanwälte & Attorneys-At-Law
Peter Lotz ist Partner bei MAYRFELD. Er berät seit über 20 Jahren sowohl Fortune 500 als auch mittelständische Unternehmen aus dem In- und Ausland insbesondere im Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden Entwicklung, Akquisition, Lizenzierung und Kommerzialisierung von neuartigen Technologien.
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