Beitrag von Peter Lotz, M.C.J. (NYU) Rechtsanwalt, Attorney-At-Law (N.Y.) MAYRFELD Rechtsanwälte & Attorneys-At-Law

Ein Blick auf das Warum und das Wie anstatt das Ob und das Wenn.

Als wir mit den ersten Konzeptionen für MAYRFELD begannen, fragten wir uns, was heutzutage wohl den Unterschied zu bestehenden Kanzleien machen würde. Exzellenter Mandantenservice, top Expertise oder Cross-Border-Erfahrung sind mittlerweile selbstverständlich und werden aus unserer Sicht jeder Wirtschaftskanzlei abverlangt. Hierfür gibt es keine Zusatzpunkte mehr. Das Timing für die Gründung einer Kanzlei schien uns ebenfalls keine besonderen Vor- oder Nachteile zu bringen – wenngleich die Entstehung des Legal Tech dieser Frage eine neue Dynamik verleiht.

Wenn wir uns den Markt betrachteten, schien es uns, dass uns bei der überwiegenden Mehrzahl der Marktteilnehmer oft nicht ersichtlich war, aus welchem Grund sie ihrer Tätigkeit eigentlich nachgingen und warum sie in ihren speziellen Arbeitsumfeldern tätig waren. Ferner hatten wir den Eindruck, bei einer Vielzahl von Kanzleien noch immer sehr traditionelle Muster bezüglich des Wie ihrer Berufsausübung vorzufinden, ohne signifikant neue Aspekte erkennen zu können, z. B. bzgl. der Art und Weise, in der sie ihre Expertise kommunizieren, für ihre Mandanten einstehen oder – vor allem – bzgl. der Strukturierung der Art und Weise der Zusammenarbeit.

Mit einem Blick auf das sich stetig weiter entwickelnde disruptive Legal Tech und auf disruptive Technologien im allgemeinen – bzw. nach einer generellen historischen Betrachtung disruptiver Entwicklungen im Laufe der Zeit – kamen wir zu dem Schluss, dass wir, um etwas Neues zu schaffen, darüber nachdenken müssen, warum wir tun was wir tun und wie wir unsere Beratungsleistungen künftig erbringen wollen. Dies war, anders, als man vermuten würde, gar nicht so einfach.

Disruption

Historisch haben die meisten disruptiven Entwicklungen nicht das Rad selbst, sondern die Art und Weise, wie wir ein Rad verwenden, neu erfunden. Die Erfindung der Waschmaschine wird oft als ein Paradebeispiel für die Entwicklung einer disruptiven Technologie angeführt. Obwohl ein einfaches Beispiel, illustriert es recht plakativ, dass Änderungen oft das Wie der Ausübung einer bereits existierenden Tätigkeit und nicht die Entwicklung einer völlig neuen Tätigkeit betreffen. Die Menschheit wäscht bereits seit Jahrhunderten. Das Ziel war schon immer das gleiche: saubere Wäsche. Jedoch hat sich seit der Erfindung der Waschmaschine die Art und Weise, wie wir heute waschen, drastisch geändert. Auf der anderen Seite hat die Verfügbarkeit von Waschmaschinen den Gang zur Reinigung nicht komplett ersetzt oder obsolet gemacht. Dieser Tage fokussieren nicht nur Reinigungen auf der Nutzung der entsprechenden Technologie (Waschmaschinen), anstatt ausschließlich Rückgriff auf Arbeitskraft zu nehmen. Zugleich hat sich im Zuge der Nutzung der Technologie der Prozess und das Ergebnis des Waschens verbessert. Schließlich werden viele Reinigungen heute nach ihrem Ergebnis beurteilt und nicht notwendigerweise nach ihrer Größe.

Wir wollen nicht wirklich Wäschereien mit Kanzleien vergleichen, jedoch zeigt das profane Beispiel sehr schön die Wandelbarkeit und die Wandlung einer sehr traditionellen Tätigkeit.

Momentum

Wir sehen eine große Gefahr für Kanzleien darin, ihr Momentum durch das Festhalten an traditionellen Strukturen, durch ineffiziente Konzepte (oder dem Fehlen von Konzepten) und durch ineffiziente Organisation zu verlieren. Und wir denken hierbei nicht nur an die Finanzen. Effizienzlücken tun sich auf in der Organisation, dem Management, der Recherche, oder der internen Kommunikation – kurz, in jedem Aspekt des Kanzleibetriebs. Oft werden Effizienzmängel auch durch den fehlenden Rückgriff auf Technologie oder die Nutzung falscher Technologien verursacht: durch Aufrechterhaltung veralteter Büroabläufe, fehlender technischer Expertise oder aus Gewohnheit. Grund sind aber auch of Charaktere, Machtgefüge und Statusdenken.

Konzeptionell fokussiert MAYRFELD auf die Beratung von Technologie-Unternehmen. Industriefokus ist freilich nicht neu. Jedoch bieten wir spezielle Expertise und Beratungsleistungen entlang und maßgeschneidert auf die einzelnen Stagen der Entwicklung und Kommerzialisierung von Technologie. Darüber hinaus kombiniert MAYRFELD rechtliche, regulatorische und technische Expertise durch Zusammenarbeit mit Experten aus nicht-juristischen Fachgebieten. Das erlaubt uns einen 360°-Ansatz von der Initialzündung einer Idee bis zu deren (technischer) Entwicklung und Kommerzialisierung – integriert in den Kontext eines Unternehmens, eines spezifischen Projekts und einer langfristigen Vision.

Wir haben einen internen Arbeitsablauf entwickelt, der – zugegebenermaßen – etwas über die traditionelle oder konservative Herangehensweise hinausgeht. Wir wollten Raum zur Freisetzung von Kreativität und zur Entstehung neuer Ideen schaffen. Integrierte Technologien (IT) helfen uns bei der Anwendung, Organisation und Schaffung unserer Experise und unseres Knowledge-Managements, bei der Kommunikation und der Qualitätssicherung. Wir kennen die Vorteile institutioneller Rahmenbedingungen und wir denken, dass sie essentiell für die Schaffung und Einhaltung qualitätssichernder Maßnahmen in einer Kanzlei sind. Wir sind jedoch der Meinung, dass institutionelle Rahmenbedingungen in einer kleineren Umgebung einfacher zu handhaben und zu validieren sind, als in einem großen Rahmen. Und wir glauben, dass die Validierung einen wichtigen Faktor darstellt, der in vielfältiger Art und Weise gehandhabt werden kann, sich jedoch niemals auf das Aufstellen von Kanzlei-Richtlinien oder eines Kodex beschränkt.

Kommunikation ist ein Schlüsselelement anwaltlicher Beratungsleistungen. Im Zeitalter der Digitalisierung können wir Kommunikation dezentralisieren. Wir müssen uns weder im selben Büro, derselben Stadt, im selben Land oder gar in derselben Zeitzone befinden, um zu kommentieren, teilen, ergänzen oder überwachen oder um unsere Expertise zusammenzuführen. Bei MAYRFELD nutzen wir integrierte Technologien zum Zweck der Kommunikation über lokale Beschränkungen hinweg. Dadurch erreichen wir eine stärker fokussierte Flexibilität und Verfügbarkeit – sowohl intern als auch für unsere Mandanten.

Schließlich haben wir ein Umfeld geschaffen, das eine nahtlose Integration zukünftiger Technologien in die Beratungspraxis erlaubt. In einem technologie-orientierten Arbeitsumfeld wird die Notwendigkeit zur Größe relativiert. Algorithmen werden auf kurz oder lang die Kleinarbeit übernehmen – teilweise führen sie bereits schon heute Due Diligence-Analysen oder rechtliche Recherchen durch. Wir denken deshalb, dass uns im Ergebnis Technologie helfen wird, auf den Kern der Rechtsberatung zu (re)fokussieren: Talent, Einfallsreichtum, Expertise, Erfahrung, genaue Analyse und Ideen. Kleinere Teams werden ihre volle Schlagkraft ausspielen können, ohne durch Kleinarbeit blockiert zu werden und Momentum zu verlieren. Die Fokussierung auf die Qualität rechtlicher Beratung wird eine Rennaissance erleben und Größe der Kanzlei wird an Relevanz verlieren.

Die Verknüpfung von Talent und Möglichkeiten

Wir haben beide Enden des Spektrums von Wirtschaftskanzleien selbst erlebt – von der internationalen Wirtschaftskanzlei bis zum deutschen Mittelständler. Wir haben einen Blick auf Kanzleien aus vielen verschiedenen Perspektiven werfen können, nicht nur als Bewerber (in jungen Jahren) und als Arbeitgeber. Ungeachtet der Perspektiven, die sich uns in der Vergangenheit boten, blieb jedoch oft die Frage des Warum.

Wir fassen die Tätigkeit als Rechtsanwalt noch immer als Profession auf – und nicht nur als Job. Wir lieben, was wir tun (meistens jedenfalls). Wir sind Unternehmer, und deshalb verstehen wir unternehmerisches Denken und unternehmerische Notwendigkeiten. Wir sind jedoch auch nicht frei von Eigennutz: Wir wollen einer erfüllenden Tätigkeit nachgehen. Die Zeit eines Anwalts ist Teil seiner Handelsware, jedoch erlauben die Dynamiken mancher Arbeitsumfelder oft nicht, sich einer Angelegenheit im notwendigen zeitlichen Rahmen umfassend zu widmen. Wir glauben, dass wir durch unser Umdenken der internen Organisation diese Zeit wiedergewonnen haben. Letztlich wollen wir Möglichkeiten schaffen – für uns und für unsere Mandanten.

Indem wir einen Schritt weiter gehen, wollen wir zum Kern der Rechtsberatung zurückkehren: persönliche, innovative, differenzierte, individuelle, strategische und nachhaltige Rechtsberatung und Vertretung von Mandanteninteressen. Und dieser Kern kann nicht von Maschinen ausgefüllt werden. Er wird ausgefüllt durch Persönlichkeiten und deren Einfallsreichtum, Expertise und Erfahrung. Diese Persönlichkeiten brauchen jedoch auch Raum für Analyse, zur Entwicklung von innovativen Ideen und für konstrutives Teamwork.

Wir denken, dass es uns der Anbruch der rechtlichen Technologisierung ermöglicht, uns wieder auf Persönlichkeiten zu konzentrieren, und dass uns unsere Struktur erlaubt, die passenden Individuen bei Opportunität und nicht aus einer Notwendigkeit heraus zu integrieren. Wir sehen uns gerne in der Rolle des vertrauten Beraters, Kämpfers – aber auch des loyalen Freunds. Und wir wollen ein Umfeld schaffen, indem wir Talent mit unserer Vision verknüpfen können.

Wirkung

Wir haben eine Struktur entwickelt, die sowohl unsere internen Interessen als auch die externen Notwendigkeiten optimal miteinander verbindet. Ein flexibles System, das zum Zweck der Qualitätssicherung ausreichend gemanaged ist, uns jedoch auf der anderen Seite ausreichend Raum für innovative Ideen, anspruchsvolle Leistung, Anpassung an unsere professionellen Bedürfnisse und, vor allem, eine ideale Plattform für erstklassigen Mandantenservice bietet.

Wir können fokussieren. Wir können uns auf unsere Mandanten konzentrieren und deren Angelegenheiten die notwendige Zeit und Aufmerksamkeit widmen. Die von uns vorgenommene disruptive Kanzleiorganisation gibt uns den notwendigen Raum, ganz auf die Beratung, Analyse, Strukturierung und Vertretung zu fokussieren. Ebenso können wir uns auf unsere Kollegen konzentrieren. Und wir operieren in einem Umfeld, das es uns ermöglicht, auf Mandantenanfragen flexibel zu reagieren.

Wir können Talent akkomodieren. Wir können Talent, das in einem konservativeren Umfeld nicht aufblühen könnte, den notwendigen Raum geben. Zu unserem und zum Vorteil unserer Mandanten. Wir lieben, was wir tun. Jedoch müssen auch wir realisieren, dass es ein Leben außerhalb unseres Arbeitsumfelds gibt. Man muss sich fit halten, die Lieben benötigen Aufmerksamkeit, man muss Kontakte pflegen, und manchmal braucht unser Geist etwas Ruhe. Diese Dinge verlaufen nicht alle zu streng geplanten Zeiten, und selbst wenn, könnten sich auch strikte Planungen empfindlich mit Mandanten-Interessen überschneiden. Manchmal benötigen unsere individuellen Leben ein Quäntchen Flexibilität, das natürlich gegen die berufliche Verantwortung abgewogen werden muss.

Wir denken, dass wir der Gesellschaft nicht gerecht werden, wenn wir es uns und unseren Mandanten nicht erlauben würden, von Talent zu profitieren, nur weil dieses ggf. gerade nicht streng traditionellen zeitlichen Arbeitsparametern entsprechen kann. Wir haben in der Vergangenheit talentierte Anwälte gesehen, die sich gezwungen sahen, ihre einmaligen Karrieren wegen plötzlich eingetretener Änderungen ihrer persönlichen Lebenssituation aufzugeben. Wir denken, es ist eine Schande, wenn anwaltiche Berater aufgrund der Dynamiken ihres Arbeitsumfeldes bei plötzlich eintretenden Änderungen der privaten Lebenssituation zu solchen Schritten gezwungen werden. Wir wollten deshalb ein Umfeld schaffen, das eine angemessene “work-life-balance” bietet, damit Talent aufblühen kann – ohne Einschränkung im Mandantenservice. Und wir denken, dass unsere Kanzlei hierfür genau die richtige Plattform zur Verfügung stellt – zum Vorteil unserer Mandanten und zu unserem eigenen Vorteil.

Wir sind Unternehmer und als Unternehmer haben wir eine Vision. Anwaltliche Beratungsleistungen sind zur Ware geworden und die Industrialisierung der Rechtsberatung wird voranschreiten. Wir werden mit Sicherheit ein Teil dessen sein, jedoch beabsichtigen wir, technologischen Fortschritt zur Kompensation von arbeitsintensiven Leistungen einzusetzen, um uns zugleich eine maßvolle Größe zu erhalten – wegen aller oben beschriebenen Vorteile. Dass Sie diese Gedanken bis zu diesem Punkt mitverfolgt haben, ist vielleicht ein Indikator für Ihr Interesse an unserer Herangehensweise.

Dieser Artikel enthält lediglich allgemeine Erwägungen zum beschriebenen Thema und stellt weder Rechtsberatung noch ein Angebot auf Erbringung von rechtlicher oder anderer Beratung dar. Durch das Besuchen dieser Webseite wird kein Mandatsverhältnis begründet. Die Bezeichnung “MAYRFELD” bezieht sich stets auf die MAYRFELD LLP. Die Bezeichnung “Partner” bezieht sich stets auf die Gesellschafter (members) der MAYRFELD LLP. Die  Haftung für diesen Artikel oder dessen Inhalts sämtlicher für MAYRFELD handelnden Personen, ganz gleich ob als Member, Partner, Gesellschafter, Angestellter oder Berater ist ausgeschlossen. Dieser Artikel dient lediglich der Information über bestimmte Rechtsentwicklungen. Er enthält keine vollständige Analyse der jeweiligen Rechtslage und stellt keine rechtlich verbindliche Stellungnahme der MAYRFELD LLP zur Rechtslage dar. Die Beantwortung von Fragen zur Rechtslage kann nur im Rahmen eines konkreten Mandatsverhältnisses erfolgen.

Weitere Informationen über MAYRFELD erhalten Sie unter www.mayrfeld.com.

Über den Autor Peter Lotz, M.C.J. (NYU) Rechtsanwalt, Attorney-At-Law (N.Y.) MAYRFELD Rechtsanwälte & Attorneys-At-Law
Peter Lotz ist Partner bei MAYRFELD. Er berät seit über 20 Jahren sowohl Fortune 500 als auch mittelständische Unternehmen aus dem In- und Ausland insbesondere im Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden Entwicklung, Akquisition, Lizenzierung und Kommerzialisierung von neuartigen Technologien.
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